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Zertifizierung bestanden!

Wir haben es geschafft! 12 Würzburger Gästeführer sind jetzt ganz amtlich und hochgradig zertifizierte Gästeführer. Deshalb machen wir unseren Job jetzt nicht besser, aber jeder kann sehen, dass wir ihn gut machen.

Mit Stadtplan im Einsatz: Gästeführer wollen mehr sein als Bespaßer von Reisebussen. Auch Christine Hofstetter (rechts) machte deshalb eine aufwändige Fortbildung. ARCHIVFOTO: P. VARASANO
Mit Stadtplan im Einsatz: Gästeführer wollen mehr sein als Bespaßer von Reisebussen. Auch Christine Hofstetter (rechts) machte deshalb eine aufwändige Fortbildung. ARCHIVFOTO: P. VARASANO

Hier können Sie lesen, was die Mainpost dazu sagt:

Zeugnistag für Gästeführer

Botschafter des Würzburger Wissens bildeten sich aufwendig nach Richtlinien des Bundesverbandes fort Von unserem Redaktionsmitglied JOACHIM FILDHAUT WÜRZBURG

Sie stehen für diese Stadt. Hinterm Dom. Auf der Alten Mainbrücke und in Weinstubenfluren zwischen Gaststube und Mädelsklo; Die Gästeführer. Sie sind „Botschafter und Spurenleser, Animateure und Tröster“, sagt Sonja Wagenbrenner. Sie ist eine von ihnen, eine besonders engagierte. Wagenbrenner hat mehrere Zusatzausbildungen hinter sich. Und sie hat vor zwei Jahren ein gutes Dutzend ihrer Würzburger Kolleginnen und Kollegen davon überzeugt: Macht auch ihr die „Qualifizierung nach den Richtlinien des Bundesverbands der Gästeführer in Deutschland e.V. DIN EN 15565“!

Zwölf hielten durch. Hatten auch viel Spaß dabei – und am Mittwochabend dann Zeugnisübergabe. Valerie Kistenberger wedelt mit ihrer neuen Urkunde in der Hand. „In anderen Berufen macht man einen Meisterbrief“, sagt sie: „Wir Gästeführer brauchen auch etwas, das beweist, was wir können.“Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt, die Ausbildung nicht offiziell geregelt wie in Osterreich, Frankreich oder Italien. Kistenberger sagt, mit Blick auf manchen Reisegruppenleiter: „Viele sind nur Unterhaltungskomödianten, die Reisebusse bespaßen.“ Und heftet sich ihre Drei-Sterne-Plakette an die Jacke.

Um ein Berufsbildungszeugnis ging es den meisten. Sie ließen sich vor zehn oder zwanzig Jahren beim heutigen Kommunalbetrieb Congress-Tourismus-Würzburg (CTW) ausbilden. Viele haben sich danach spezialisiert, alle prägten ihren eigenen Stil aus. Ob als Anfänger, ob bei den Aufbaukursen der letzten eineinhalb Jahre: Immer hatten sie mit dem Uni-Geografiedidaktiker Dr. Helmer Vogel zu tun. Der feierte am Mittwoch die Zertifikatsübergabe mit, und das sehr gerne: „Manchmal macht’ s einen richtig stolz, wenn man nach vielen Jahren sieht, wie sich einer entwickelt hat.“ Wie sich „eine“ entwickelt hat, müsste es mehrheitlich heißen. Denn mit elf Gästeführerinnen wurde lediglich ein männlicher Kollege EN-15565-zertifiziert. Der selbstständige Webdesigner Thomas Kröhnert kann sich die weibliche Vorherrschaft nicht recht erklären. Allerdings: fünf
männliche Fortzubildende seien während der 300 Unterrichtsstunden abgesprungen, während fast alle Frauen dabeiblieben.

Einer der Aussteiger ist Johannes Wohlfahrt. Er ist Vorsitzender des Vereins Würzburger Gästeführer und hat den ganzen Unterricht organisiert. Wohlfahrt suchte nicht nur die Referenten aus und lud sie ein, sondern hielt auch Kontakt mit auswärtigen Teilnehmern wie aus Bamberg.

Am Zeugnistag wirkt er keineswegs geknickt, dass er selbst keine Urkunde vom Dachverband bekommt. Er freut sich über den neuen starken Stand seiner Berufsgruppe und erzählt von den Anfängen der Weiterbildung. Für die EU-Zertifizierung muss man 600 Ausbildungsstunden nachweisen. Die erste Arbeit war also, dass die Interessenten ihre bisherigen Schulungen auflisteten. Zum Beispiel für die Riemenschneider-Ausstellung zum Stadtjubiläum 2004. Und dann als Museumsführer, etwa im Shalom Europa. Damit hatten viele Kandidaten die Hälfte der EU-Norm schon erfüllt. Weitere Führungskompetenz gab’ s in Sprechtraining, nonverbaler Kommunikation, Konfliktmanagement, aber auch Unternehmensführung, Marketing und Steuern. Letztere drei höchst praxisrelevant: „Wie kalkuliert man eine Sonderführung? Brauche ich eine Versicherung? Wie stelle ich eine konekte Rechnung?“, zählt Sonja Wagenbrenner springende
Punkte auf.

Denn hauptberuflich tätig sind nach Schätzungen des Bundesverbands der Gästeführer in Deutsch-
land (BVGD) immerhin 40 Prozent der 6000 Mitglieder, „Tendenz steigend“, teilt Wagenbrenner mit. Die Würzburgerin sitzt im Vorstand des Dachverbands mit Sitz in Nürnberg. Ein Drittel der organisierten Gästeführer – in Würzburg organisiert über eine Mitgliedschaft im Verein Würzburger Gästeführer, der auch die Stadt(ver)führungen macht – hat in Deutschland bereits die EU-Qualifizierung.

Um die zu bekommen, wurden die Kandidaten unter anderem auf dem Friedhof über wichtige Kunstwerke geprüft, im Hofgarten zur Mythologie und am Mozartgymnasium über die Achitektur der 50er Jahre. CTW-Geschäftsführer Dr. Peter Oettinger zog den Hut vor den „zusätzlichen Anstrengungen neben dem Beruf und dem Privatleben“. Die Absolventen waren, fasst Prüferin Caroline Seitz zusammen, „oberperfekt bis perfekt“.

Mit Urkunde: Die neuen zwölf von 2000 bundesweit nach Europa-Norm qualifizierten Gästeführer sind Stefanie Arz, Alexandra Brückner, Angela Carbone, Petra Feitsch, Antje Hansen, Christine Hofstetter, Doris Jäger-Herleth, Valerie Kistenberger, Thomas Kröhnert, Elsbeth Pfänder, Ina Vollmer, Gisela Ziegler

Quelle: Mainpost, 72. Jahrgang, Nr. 30, Montag, 09. Februar 2016
Geschenk aus Nürnberg: Sonja Wagenbrenner und Johannes Wohlfahrt unterm Schirm des Gästefüherer-Bundesverbands. FOTO: FTLDHAUT
Geschenk aus Nürnberg: Sonja Wagenbrenner und Johannes Wohlfahrt unterm Schirm des Gästefüherer-Bundesverbands. FOTO: FTLDHAUT