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Hofstraße – Historische Achse zwischen Residenz und Dom im politischen Streit

Weltkulturerbestätten sollen zur Geltung kommen, gepflegt und für Menschen erlebbar werden. So will es die Unesco. In Deutschland wurde ein staatliches Investitionsprogramm aufgelegt, von dem 100 Städte profitieren. Würzburg sollte es für seine weltberühmte Residenz auch. Doch nach dem Stopp der Planung für den Umbau der Hofstraße zur Fußgängerzone sind 1,7 Millionen Euro an staatlicher Förderung höchstwahrscheinlich verloren (wir berichteten). Eigentlich sollte die Hofstraße als historische Achse zwischen Residenz und Dom attraktiver werden. Sie ist eine der meistfrequentierten Laufstrecken für Touristen, dominiert wird sie von fahrenden und parkenden Autos.

Zunächst regte sich kaum Widerstand gegen die Pläne einer Fußgängerzone. 28 Architekten aus ganz Deutschland beteiligten sich 2010 an einem Ideen- und Realisierungswettbewerb zum Umfeld der Residenz. Als Sieger gingen zwei Berliner Büros hervor, die Umgestaltung der Hofstraße sollte noch 2011 beginnen. Doch Fehlanzeige. Erst jetzt entbrannten ein politischer Streit um Einschnitte in den Autoverkehr und ein Kampf um die Parkplätze. Die Mehrheit von CSU, FDP, WL, Bürgerforum und Linken schmetterte im April 2013 die Pläne einer Fußgängerzone in der kompletten Hofstraße ab. Nur noch den Abschnitt zwischen Maxstraße und Balthasar-Neumann-Promenade wollte man zugestehen – um die Zuschüsse nicht zu verlieren.

Mittlerweile soll gar kein Umbau mehr stattfinden – zu viel Stückwerk, heißt es im Rathaus. So verzichtet die Stadt wohl auf die Fördermittel. Die Grünen versuchten vergangene Woche bei den Haushaltsberatungen, die Fußgängerzone doch noch durchzusetzen. Sie scheiterten mit ihrem Antrag. aj

Robert Menschick

Im Jahr 2010 lobte die Stadt Würzburg einen weit beachteten Wettbewerb zur Erschließung der Residenz und der Neugestaltung der Hofstraße aus. Auf 110 Seiten führte eine Publikation den interessierten Bürgern die Gestaltungsmöglichkeiten vor. Es schien so, als ob die Idee, neben der Eichhornstraße als Fußgängerzone im Einkaufsbereich die Hofstraße als kulturelle Fußgängerzone aufzuwerten, tatsächlich realisiert werden sollte. Die Aktion kostete einen sechsstelligen Betrag.

Streit um Hofstraße: Gastkommentar des Stadtheimatpflegers
Stadtheimatpfleger kritisiert Verzicht auf die Hofstraße als Fußgängerzone

Der Berg hat vier Jahre später gekreist und nicht einmal ein Mäuschen kam heraus. Nicht einmal das kleine Fußgängerzönchen zwischen dem Platz mit dem Chronosbrunnen und dem Residenzplatz wird realisiert. Wenn, dann soll es mit dem herbeigesehnten Investor des Mozart-Areals entwickelt werden. Der soll dann zahlen.

Nach dem Willen der Stadt genießen unsere Touristen weiterhin die zugeparkte Hofstraße und lustwandeln unter den Arkaden des Sparkassengebäudes. Den Blick auf Dom und Schönbornkapelle, den Blickfang der von Neumann angelegten Straße zwischen Dom und Schloss, verstellen von Frühjahr bis Herbst Bäume. Stößt man dann auf Dom und Neumünster, zwei hochrangige romanische Kirchen, auf die rekonstruierten Domherrnhöfe, erfreuen sich Einwohner und Besucher unserer Stadt des belebenden Zufahrtverkehrs zur Marktgarage durch die enge Martinsgasse. Alt und Neu werden so wieder einmal auf das Beste versöhnt.

Für dieses vortreffliche Altstadterlebnis hat die momentan bestimmende Stadtratsmehrheit auch großzügig auf 1,7 Millionen Euro Fördergelder von der Unesco verzichtet. „Brauche mer net“, mag die Begründung gelautet haben. Die 50 Parkplätze, die man hier mit internationaler Unterstützung hätte einsparen können, hat man ja schon in der neuen Fußgängerzone Eichhornstraße eingespart, ohne internationale Unterstützung.

Frage: Welches Bauwerk ist prägend für Würzburgs Identität und internationalen Ruf, die Residenz oder das neue Kaufhaus am oberen Markt? Was unternimmt die Stadtratsmehrheit, um das Weltkulturerbe Residenz und deren geschütztes Umfeld zu fördern? Sie verschenkt Fördergelder für 50 Parkplätze und will einen denkmalgeschützten Gebäudekomplex direkt gegenüber der Residenz verkaufen und dem Abriss preisgeben, um dort ein Einkaufszentrum errichten zu lassen. Zur Erholung der Touristen nach dem Kulturstress in der Residenz.

Mehr als zwei Millionen Euro verschenkt für 50 Parkplätze? Um das Geld wieder hereinzubekommen, müsste man die Parkgebühren über Gebühr erhöhen!

Autor Dr. Hans Steidle ist Stadtheimatpfleger in Würzburg.

Quelle: http://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/Streit-um-Hofstrasse-Gastkommentar-des-Stadtheimatpflegers

Auch sehr lesenswert sind die Kommentare zu diesem Artikel/Kommentar auf der Website der Mainpost!

Dr. Hans Steidle – Stadtheimatpfleger in Würzburg