Kategorien
Allgemein

Inschriften, die keiner wahrnimmt

Andrea Salmen von der CTW (Congress Turismus Wirtschaft Würzburg) hat den Würzburger Gästeführern netterweise mal wieder einige hilftreiche Infos geschickt. Es geht um Inschriften an einigen Baudenkmälern, an denen auch wir Gästeführer gerne vorübergehen. Teils, weil sie schon recht verwittert sind, teils wei die Sprachkenntnisse (Latein) fehlen. Vielen Dank Andrea!

Stift Neumünster & Lusamgärtlein

An der Rückseite des Neumünsters kann man diese Gedenkinschrift für Walther von der Vogelweide lesen. Der bekannte Minnesänger und Spruchdichter wurde vermutlich um 1170 in Österreich geboren und lebte um 1220 in oder bei Würzburg. Nun liegt er seit nach 1229 angeblich im Kreuzgang des Neumünsters, im Lusamgärtlein begraben.

Bei der Inschrift handelt es sich um vier lateinische Hexameter, ein antikes Versmaß. Normalerweise beinhalten diese Verse keinen Reim, was aber hier vom Autor der Inschrift bewusst eingearbeitet wurde. Im Schriftbild der Inschrift sind Verse und Reim nur schwer zu erkennen, weshalb der lateinische Text hier in vier Verszeilen umgeschrieben wurde:

PASCUA QUI VOLUCRUM VIVUS, WALTHERE FUISTI,
QUI FLOS ELOQUII; QUI PALLADIS OS OBIISTI.
ERGO QUOD AUREOLAM PROBITAS TUA POSSIT HABERE,
QUI LEGIT, HIC DICAT, DEUS ISTIUS MISERERE.

Übersetzung:

Du, der du zu Lebzeiten Walther von der Vogelweide
warst, bist als Blüte der Redegewandtheit, als
Mund der Pallas* gestorben.
Dass also deine Redlichkeit höchste Anerkennung
erhalten kann, soll, wer dies liest, sagen: Gott
erbarme dich seiner!

  • Pallas: gem. Athene= Göttin der Dichtkunst

Marienkapelle

Geschichte:

Die Marienkapelle ist eine gotische Kirche, die von 1377-1480 gebaut wurde. Sie befindet sich auf dem Marktplatz, an der Stelle, wo bis 1349 eine Synagoge stand, die jedoch zerstört wurde. Bischof Gerhard von Schwarzburg legte den Grundstein der Kirche. Beim Bombenangriff am 16. März 1945 wurde die Kirche durch ein Feuer beschädigt. Im südlichen Seitenschiff befindet sich der originale Stiftungsstein mit lateinischer Inschrift, deren Übersetzung im folgenden Text zu sehen ist.

Inschrift:

NATU ANNO DNI MCCC
LXXVII DNS GERHARD COM
ES DE SCHWARTZBURG EPS
HERBOPOLENSIS POSUIT
PRIMUM LAPIDEM IN VIGILIA

PENTHECOSTAE ET EST FUNDATOR
CAPELLAE BEATAE MARIAE VIRGINIS IN
PLAGA IUDEORUM IN CIVITATE
HERBIPOLENSI

Übersetzung:

Im Jahre des Herren 1377 legte Herr Gerhard,
Graf von Schwarzburg und Bischof
von Würzburg, am Vorabend des Pfingstfestes
den Grundstein und ist Gründer der

Kapelle der glücklichen Jungfrau Maria
im Judenviertel der Gemeinde Würzburg.
Marienkapelle auf dem Würzburger Marktplatz
Marienkapelle

Alter Kranen

Geschichte:

Der Alte Kranen wurde von Adam Friedrich von Seinsheim in Auftrag gegeben und von Franz Ignaz Neumann, dme Sohn des berühmten Architkten Balthasar Neumann, gebaut. Der Kran war 73 Jahre lang im Einsatz und überstand den zweiten Weltkrieg, ohne Schaden zu nehmen. Der Kran ist 10,2 m hoch uns seine Arme 11 und 14 m lang.

Inschrift:

aCCIpIo traDo
qVoDLVbet eXpeDIo

Übersetzung:

Ich nehme an und ich übergebe.
Alles Mögliche verlade ich.

Bedeutung der Groß- und Kleinschreibung:

Die Großbuchstaben sind Römische Zahlen, die zusammengezählt 1773, das Jahr der Fertigstellung, ergeben. CCIIDVDLVXDI = 1773

Grabstein des Johannes von Steren in der Bürgerspitalkirche

Geschichte:

Nachdem Johannes von Steren von einer Wallfahrt nach Rom nach Hause zurückkehrte, beschloss er eine Stiftung nach dem Vorbild des Heiliggeistspitals Santo Spirito in Sassia zu gründen. Er benutzte um 1316 sein Anwesen, um pflegebedürftige Menschen aufzunehmen. Damit begründete er eine Stiftung, die zunächst von ihm, seinem gleichnamigen Sohn und einem dritten Vorstandsmitglied verwaltet wurde. Seit dem 16. Jahrhundert wird die Institution Bürgerspital genannt und befindet sich noch heute auf dem gleichen Anwesen.

Inschrift:

ANNO DNI
MCCCXIX I. D.
COVSIOE SCI PAVLI
D IOHES DE ARIETE
CIVIS HBIPOL
FVNDATOR HVIVS
HOSPITALIS

Übersetzung:

Am 25. Januar im Jahre 1319 n. Chr. gründete Herr Johannes von Steren, ein Bürger von Würzburg, ein Stiftungshaus für alte und arme Bürger. (Bürgerspital)

Vierröhrenbrunnen

Übersetzung der Inschriften:

  1. Zum Schmuck der Bürgerschaft erhob sich unter dem Oberratspräsidiums des Philipp Anton Christoph Ernst Freiherr von Guttenberg, Kapitulars der Ritterstifte von Bamberg, Würzburg und Comburg usw. diese Pyramide.
  2. Nach Erschütterung durch das Unrecht des Krieges unter dem Vorsitz des Würzburger Oberratspräsidiums des Freiherrn Heuslein, der Domherr, Sänger und Geheimrat war, restauriert.

Kurzinformation:

Bauzeit (1733-1799)

Die Bauarbeiten am Vierröhrenbrunnen wurden 1733 unter dem Episkopat des Adam Friedrich von Seinsheim am Platz eines alten Ziehbrunnen nahe der alten Mainbrücke begonnen. Jakob van der Auwera und Johann Peter Wagner sind die Künstler, die 1799 mit den Figuren, welche für Tapferkeit/Stärke (Fortitudo), Weisheit (Prudentia), Mäßigung (Temperantia) und Gerechtigkeit (Justitia) stehen sollen, die Arbeit am Brunnen beendeten. Die Originale sind heute nur noch im Mainfränkischen Museum zu sehen.